Business Transformation: Liebst du mich?

Business Transformation: Liebst du mich?

Fragen wie diese spielen in der Geschäftswelt bis dato so gut wie keine Rolle. Jedenfalls nicht im Rahmen der allgemein üblichen Gepflogenheiten. Allzu rasch würden wir riskieren, mit der simplen Frage nach der Liebe aus dem Rahmen zu fallen. Was not tut: Business Transformation.

Emotion

Gefühle haben in der realen Geschäftswelt zumeist nichts verloren. Da geht es um Kompetenz, Engagement, Erfolg. Emotion als Mittel zur Zielerreichung – das ist ok: Coole Slogans zielen gnadenlos auf unser Affekt- und Triebzentrum, das lymbische System, das den „will-haben-Effekt“ auslöst. Und zwar längst nicht nur mit Blick auf den Endverbraucher. Auch im Personalmarketing wird eifrig gelockt und geködert. Dahinter lugt versteckt, aber doch, wieder diese Frage hervor: Liebst du mich?

 

Employer Branding

Angesichts zunehmenden Fachkräftemangels bemühen wir uns redlich, gut gemeinte Konzepte zu entwickeln und für kurze Zeit auf gepflegten Webseiten und in Hochglanzbroschüren zu verewigen. Engagierte HR-Teams bespielen virtuos die gesamte Klaviatur der Personalprozesse. Mit grobem und feinem Werkzeug wird gesichtet, gefiltert und gesiebt was der Arbeitsmarkt auch nur irgendwie hergibt. Dabei hat sich längst herumgesprochen, dass sich eben dieser in vielen Bereichen vom Arbeitgebermarkt zum Bewerbermarkt gewandelt hat: Engagierte Bewerberinnen und Bewerber suchen sich selbst die zu ihnen passenden Unternehmen aus … und nicht umgekehrt. Auch hier – verschämt, aber doch: Liebst du mich?

 

Wertschätzung – oder besser: Respekt

Inzwischen gilt der HR-Branche „Wertschätzung“ als akzeptierte Vokabel. Bei mir persönlich löst das allzu oft das Bild eines gewieften Gebrauchtwagenverkäufers aus, der versucht, … den Wert zu schätzen. In Zusammenhang mit Menschen spreche ich daher lieber von Respekt – echtem Interesse an diesem „Du“, das ich da gerade kennen lerne. Liebst du mich? Moment, lasst es uns etwas langsamer angehen …

 

Erfolg

Im Rahmen diverser Mandate habe ich mehrere tausend Bewerbungsgespräche geführt. Kurze und längere … spannendere und weniger spannende. Dabei ist mir als begeisterter Angler eine interessante Parallele aufgefallen: Setze ich dem Bewerber oder der Bewerberin einen „Köder“ vor die Nase, um diese offene Stelle – verdammt noch mal – endlich besetzt zu bekommen? Oder gelingt es mir, mich auf die Interessen dieser einen Person vor mir einzustellen: Was genau willst du mit deinen Fähigkeiten und deiner Lebenskraft anfangen? An die Stelle von „Liebst du mich?“ tritt dann die offenere Frage: Was liebst du?

 

Business Transformation: Liebe

Nur was man gerne macht, macht man auch gut. Wo wir auch nach der Xten Wiederholung noch mit Aufmerksamkeit und echter Hingabe dranbleiben, entdecken wir in scheinbaren Nebensächlichkeiten neue Zusammenhänge und Möglichkeiten, die sich uns durch bloß korrektes Abarbeiten nie erschlossen hätten. Wir erkennen Umwege und Verschwendung, finden neue Lösungen. Wir erfahren, welche Auswirkungen unsere Produkte und Dienstleistungen mit sich bringen: wie sich unsere Prozesse und die verwendeten Materialien auf uns selbst und unsere Kunden auswirken. Chancen tun sich auf. Dafür braucht es echte „Liebe“ … zu unserer Arbeit, unseren Produkten und Dienstleistungen. Zu unseren Kunden, unserem Team, zu uns selbst.

 

Business Transformation: Nachhaltigkeit

Sparsamkeit, Umweltschutz, Unternehmenskultur. Ja, das alles ist wichtig. Noch weit wichtiger scheint mir die ehrliche Frage: Wohin führt das, was wir in unseren Unternehmungen so treiben? Was macht das mit uns als Menschen, mit unseren Familien und unserer Gesellschaft? Es ist fast so, also würde „das Ganze“ uns fragen: Liebst du mich?

 

Wie wir in 5 oder 10 Jahren wirtschaften und leben werden? Wie es aussieht, deutlich anders als in den vergangenen Jahrzehnten. Die Liste der anzupackenden Themen scheint immer länger zu werden: Neben den altbekannten Herausforderungen von Globalisierung, Digitalisierung, Werte- und Klimawandel fordern demographische, finanzwirtschaftliche, gesundheitliche und geopolitische Veränderungen unsere volle Aufmerksamkeit. Dabei besteht die Gefahr, dass sich gerade die Engagiertesten unter uns im Dickicht der alltäglichen Dringlichkeiten verstricken. 

 

Business Transformation: Was liebst du?

Wie wir in 5 oder 10 Jahren wirtschaften und leben werden? Mir scheint es hilfreich, diese Fragen vorerst bewusst offen zu lassen und den Weg in eine nachhaltige Zukunft Schritt für Schritt zu gehen. Die Transformation unserer Wirtschaft von Raubbau zu Nachhaltigkeit benötigt zuerst das Erkennen, wo wir selbst noch Teil des Problems statt Teil der Lösung sind. Der Prozess kann schmerzhaft sein. Wir sollten ihn dennoch auf uns nehmen und endlich erkennen, was zu lieben wir tatsächlich imstande sind.

© Header Photo by Arie Wubben on Unsplash

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