Eines haben Unternehmerpersönlichkeiten gemeinsam. Die Begeisterung für eine Aufgabenstellung, auf die sie sich ganz fokussieren: das Erzeugen oder Bereitstellen eines Produkts oder einer Dienstleistung, mit der sie immer neuen Mehrwert schaffen – für die Kundschaft, die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für sich selbst. Dabei sind Organisationsentwicklung und Unternehmerpersönlichkeit aufs Engste miteinander verknüpft.
Der Tunnelblick
Fokus. Flow – Konzentration auf das, was das Herz höherschlagen lässt. Was dem nicht entspricht, wird nicht beachtet, systematisch ausgeblendet. Der Tunnelblick entsteht, und damit Betriebsblindheit.
Die Theorie kennt unterschiedliche Phasen der Organisationsentwicklung, in denen es besondere Herausforderungen zu meistern gilt. Dabei erfahren unterschiedliche Unternehmerpersönlichkeiten in unterschiedlichen Phasen ihre besonderen Wachstumsschmerzen und stoßen an persönliche Grenzen.
Tatkräftige Macher mit Hands-on-Mentalität blühen auf, wenn konkrete Projekte abzuarbeiten sind und geraten mitunter ins Trudeln, wenn mehr Arbeit „am“ Unternehmen als Arbeit „im“ Unternehmen gefragt wäre.
Charismatischen Führungspersönlichkeiten gelingt es mit Leichtigkeit, die Menschen im persönlichen Gespräch zu begeistern. Entsprechend werden in so manchem Unternehmen ausufernde Meetings zum Problemlöser, wo die Entwicklung funktionaler Strukturen und Prozesse deutlich vorteilhafter wäre.
Begnadete Visionäre erleben in der Entwicklung ihrer Angebote und Geschäftsmodelle wahre Glücksmodelle, während die Faszination für die Realisierung mitunter nachlässt.
In der Organisationsentwicklung sind diese zutiefst persönlichen Neigungen vor allem der Unternehmerpersönlichkeit von zentraler Bedeutung. Denn hinter jedem organisationalen Phänomen liegen die persönlichen Wünsche, Einstellungen und Werthaltungen der Beteiligten, insbesondere der Gründerpersönlichkeit.
Das Eine und das Andere
Das Anspruchsvolle und gleichzeitig Faszinierende am Unternehmertum ist die Herausforderung, das eine zu tun ohne das andere zu lassen. Das Vertraute genauso im Blick zu haben wie das Unvertraute. Immer wieder herauszutreten aus der eigenen Komfortzone. Beschäftigung mit Neuem, Fremdem, Unvertrautem.
Dass dieser Prozess mitunter Widerstände hervorruft, wissen alle, die sich darauf bewusst einlassen. Muskelkater ist ein bekanntes Phänomen nicht nur im Sport. Und nicht nur dort gilt das Sprichwort, wonach es ohne Fleiß keinen Preis gebe. Im Wirtschaftstraining kommt dem Trainer oder Coach (m/w) genauso wie im Sport die Aufgabe zu, für eine vorteilhafte Auswahl und Dosierung der Trainingseinheiten zu sorgen, auf dass das Ziel einer gelingenden Organisationsentwicklung erreicht werde.
Organisationsentwicklung und Unternehmerpersönlichkeit
Frei nach Schumpeter entsteht jede wirtschaftliche Entwicklung aus einem Akt der schöpferischen Zerstörung: das Gute wird durch das Bessere ersetzt. Unternehmen, die diesen Prozess verschlafen, sind in der Schnelllebigkeit der Zeit zum Scheitern verurteilt. Sie klammern sich an Gewohnheiten, (noch) bestehende Marktsegmente, igeln sich ein und sperren zu. Sie bringen der Gesellschaft keinen Mehrwert mehr.
Nun sind wir seit geraumer Zeit mit einem Umbruch konfrontiert, dem sich die wenigsten Unternehmen entziehen können. Politische Rahmenbedingungen und das Kundenverhalten ändern sich, Lieferketten werden instabil, qualifizierte Arbeitskräfte fehlen. Es scheint, als müssten wir unsere Gesellschaft und unser Wirtschaften ganz neu erfinden.
Organisationsentwicklung und Unternehmerpersönlichkeit sind davon gleichermaßen betroffen.
Was ist zukunftstauglich? Welche Produkte und Dienstleistungen werden in Zukunft noch gebraucht … und welche tragen mehr zum Schaden als zum Nutzen von Gesellschaft und Umwelt bei? Wie können wir unsere Abläufe so anpassen, dass sie uns eine fruchtbare Zukunft sicherstellen?
Existenzielle Fragen wie diese könnten uns tatsächlich den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Doch wer sich ihnen frühzeitig stellt, hat sich schon auf den Weg gemacht, sein Unternehmensschiff aus den Stürmen des überbesetzten und nicht mehr funktionalen „roten“ in den „blauen Ozean“(1) zu lenken.
Zielführende Organisationsentwicklung beginnt mit diesen zutiefst persönlichen Fragen an die führenden Köpfe und setzt sie tastend, aber konsequent um.
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(1) Chan Kim, Renee Mauborgne: „Der Blaue Ozean als Strategie: Wie man neue Märkte schafft, wo es keine Konkurrenz gibt“. Carl Hanser Verlag, München 2016
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